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Shakespeare-Theater

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Das Shakespeare-Theater wird um 1770 für Dramatiker wie Lessing und Goethe zum Vorbild für eine neue dramatische Entwicklung, die mit der antiken – auf Aristoteles und seine Poetik zurückgehenden - Tradition bricht. Was war das neue und andere des Shakespeare-Theaters?

William Shakespeare (1564-1616) hat im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert eine dramatische Form geschaffen, die neue Themen bearbeitete, neue Figuren vorstellte, Hoch- und Alltagssprache miteinander verband und auf einmalige Art und Weise ein breites Publikum ansprach. Shakespeares Grundthemen waren Treue und Verrat, der Sinn der Macht und des Lebens trotz Todesgewißheit, die Überwindung des Bösen in einer abgrundtief schlechten Welt, der Konflikt zwischen Denken und Handeln, Leidenschaften, der Zwiespalt zwischen Vernunft und Gefühl, usw. Dies sind natürlich Themen der Dichtung seit ihren Anfängen. Neu ist aber die Art und Weise, wie die Menschen, die in diese allgemeinmenschlichen Grundkonflikte hineingeraten, mit ihnen umgehen. Bei Shakespeare gibt es keine grundsätzlichen moral-theologischen Dogmen oder eine allgegenwärtige Vernunft, die den Protagonisten den Weg weisen. Der Mensch ist in seinen Handlungsmöglichkeiten nicht prinzipiell festgelegt, sondern er entwickelt sich von Augenblick zu Augenblick, und auch Irrationales kann die Entscheidung für ein bestimmtes Vorgehen beeinflussen. Die Figuren haben also eine völlig neue Qualität von Individualität, sie entwickeln und verändern sich. Sie sind Ausdruck eines neuzeitlichen Menschenbildes. Zu Recht werden in den Stücken Shakespeares die Wurzeln des psychologischen Dramas erkannt.

Die breite Akzeptanz des Shakespeare-Theaters durch die Zeitgenossen, sowohl durch die einfachen Menschen als auch durch den Hof, resultiert aus der Kunst, in ein und demselben Stück unterschiedlichste Publikumsinteressen anzusprechen. So hat Shakespeare in den frühen Historiendramen (z.B. Henry IV., Henry V.) nicht nur die englische Geschichte auf die Bühne gebracht und damit so etwas wie eine nationale Selbstvergewisserung erzeugt, sondern das Publikum zusätzlich unterhalten, indem er dem adeligen Personal komische Figuren zur Seite stellte. Hier wird schon deutlich, daß Shakespeare Regeln wie eine Ständeklausel nicht sehr hochschätzte. Auch die späteren Tragödien, wie z.B. Hamlet, können als Melodramen rezipiert werden. Dort geht es um Mord, Selbstmord und Wahnsinn, an sich schon höchst unterhaltende Sujets. Es werden aber auch Charakteranalysen geboten und für den Ästheten bietet die vollendete Verskunst höchsten Kunstgenuß. Auch die drei Einheiten von Zeit, Ort und Handlung finden bei Shakespeare keine Berücksichtigung.

Prägend für nachfolgende Generationen von Theatermachern wurde zudem die charakteristische Shakespearebühne. Sie besteht aus drei Elementen: der Vorderbühne, sie ragt in den Zuschauerraum hinein und kann von drei Seiten eingesehen werden, der guckkastenähnlichen Hinterbühne und der balkonartigen Oberbühne.

©rein

Sekundärliteratur

  • J. Schabert (Hg.): Shakespeare-Handbuch. Die Zeit - der Mensch - das Werk - die Nachwelt, 3. Aufl., Stuttgart 1992.
  • U. Suerbaum: Shakespeares Dramen, Tübingen 1996.
  • R. Weimann: Shakespeare und die Macht der Mimesis. Autorität und Repräsentation im elisabethanischen Theater, Berlin u.a.1988.