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Wolfgang Koeppen

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* 23.06.1906, Greifswald
† 15.03.1996, München

Romancier, Reiseschriftsteller

Koeppen wuchs als uneheliches Kind im Haus seines Onkels in Ortelsburg in Masuren auf. Nach dem Abitur arbeitete er u.a. als Schiffskoch, Kinoplatzanweiser und Dramaturg. Er studierte in Greifswald und Berlin u.a. in Theaterwissenschaft, Literaturgeschichte und Philosophie und war danach zunächst als freier Journalist tätig. 1931-33 leitete er das Feuilleton beim Berliner Börsen-Courier. Nach einer Italienreise debütierte er 1934 mit dem Roman Eine unglückliche Liebe im jüdischen Verlag Bruno Cassirer (Berlin). Von einem langen Aufenthalt in den Niederlanden kehrte Koeppen 1935 nach Deutschland zurück, um dort Nationalsozialismus und Krieg im "Abseits" zu überstehen.

Mit einer Roman -'Trilogie' aus den frühen fünfziger Jahren setzt Koeppen Maßstäbe für die sozialkritische Literatur der Bundesrepublik und sichert ihr zugleich den Anschluß an die Romanästhetik der klassischen Moderne (James Joyce, Alfred Döblin u.a.). Die Handlungsschicht seiner Nachkriegsromane Tauben im Gras (1951), Das Treibhaus (1953) und Der Tod in Rom (1954) wird von Assoziationsströmen überlagert; Montagen beziehen Schlager, Werbung und Radiosendungen in die Romantexte ein. Koeppen rechnet in ihnen die Kosten von Wirtschaftswunder-Mentalität und bundesdeutscher Verdrängung der Zeit des Nationalsozialismus für Mensch und Gesellschaft vor. Den überall herrschenden Marktgesetzen und der nackten Gewalt entgehen weder Liebe noch Sexualität, noch politisches Handeln. Allein für die Kunst läßt der Erzähler Hoffnung aufscheinen, warnt aber zugleich vor der Gefährdung durch den Sog der Kulturindustrie. Seine melancholische Prosa wird so zum Rückzugsort einer Sehnsucht nach Alternativen, die sich in der Wirklichkeit nirgends abzeichnen. In seinem meisterhaften, teilweise autobiographischen Prosaband Jugend (1976) treibt Koeppen seine Schreibweise bis an den Rand der Fragmentarisierung.

Koeppens Werk wird heute, nach anfänglicher Ablehnung der konservativen Kritik, allgemein als substantieller Beitrag zur Literatur der frühen Bundesrepublik geschätzt; es wurde mit mehreren wichtigen Preisen ausgezeichnet.

Um Koeppens Genrewechsel zum Reisebericht seit Ende der fünfziger Jahre und die dann ausbleibenden Publikationen gab es immer wieder Spekulationen; 1962 etwa mit dem Georg-Büchner-Preis.

© JV

Wichtige Schriften

  • Gesammelte Werke. 6 Bde. Hg. v. Marcel Reich-Ranicki (1986)

Sekundärliteratur

  • K.-H. Götze: Wolfgang Koeppen "Das Treibhaus", München 1985.
  • U. Greiner (Hrsg.): Über Wolfgang Koeppen, Frankfurt am Main 1976.
  • M. Hielscher: Wolfgang Koeppen, München 1988.