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Legenden waren ursprünglich mittelalterliche Leidensgeschichten von Märtyrern, Heiligen und religiösen Autoritäten, die bei kirchlichen Anlässen verlesen wurden. Später wurde der Begriff vor allem zur Sammelbezeichnung für die schriftlich fixierten 'Viten' (Lebensgeschichten) der Heiligen. Schon im 15. Jahrhundert tauchen Legenden jedoch auch im außerkirchlichen Bereich auf. Hier meinen sie nichtbeglaubigte Berichte oder unwahrscheinliche Geschichten, die eng mit einem volkstümlichen, später auch mit einem kunstvoll-literarischen Erzählen verbunden sind. In dieser verweltlichten Form werden die Legenden zu moralisch-didaktischen Erzählungen über außergewöhnliche Schicksale, die nicht nur im Rationalen gründen.

Eine der frühesten Legendensammlungen sind die Dialogi demiraculis patrum Italicorum (590/604) von Papst Gregor. Die Sammlung Acta Sanctuorum, 1643 von J. Bolland begonnen, vereinigt chronologisch geordnete Legenden und wird bis heute fortgeführt. Während die sakralen Legenden für den liturgischen Gebrauch meist weiterhin in Versen verfaßt wurden, entstanden im weltlichen Bereich immer mehr Prosa-Legenden, die sich mit der Form des höfischen Epos vermischten (wie beispielsweise in Hartmann von Aues Der arme Heinrich von 1195 oder Wolfram von Eschenbachs Parzival von 1200/10). In der Zeit der Renaissance und der Reformation hingegen wurde die Prosa-Legende öfters zur volkstümlichen Form, die andere Elemente in sich aufnahm (z.B. schwankhafte bei Hans Sachs: Schwänke von St. Peter, 1553-57). Während die rationalistisch ausgerichtete Aufklärung oft nur Spott und Verachtung für diese Form übrig hatte, kam sie in der Klassik und Romantik wieder zu größerer Geltung. Danach diente sie (in ihrer verweltlichten Variante) noch des öfteren zur Darstellung außergewöhnlicher psychologischer oder historischer Konflikte (z.B. bei Gottfried Keller oder Conrad Ferdinand Mayer). Brecht benutzte ihre Form (wie so viele andere) zitierend und parodierend und schrieb ihr seine eigenen sozialkritischen Absichten ein (Legende vom toten Soldaten von 1918).

© JV und SR

Sekundärliteratur

  • H.P. Ecker: Die Legende. Kulturanthropologische Annäherung an eine literarische Gattung, Stuttgart 1993.
  • H. Rosenfeld: Legende, Stuttgart 1982.
  • H. Walz (Hg.): Legende, Berlin 1986.