Andreas Gryphius

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* 02.10.1616, Glogau
† 16.07.1664, Glogau

Lyriker und Dramatiker

Andreas Gryphius ist neben dem Roman-Autor Grimmelshausen der bekannteste Lyriker und Dramatiker des deutschen Barock. Als Sohn eines früh verstorbenen protestantischen Geistlichen wuchs Gryphius während des Dreißigjährigen Krieges im schlesischen Glogau auf. Trotz der Kriegswirren absolvierte er das (evangelische) Gymnasium und konnte an der Universität Leiden ausgedehnte juristische, medizinische und geographische Studien betreiben. Ab 1650 war Gryphius als Rechtsberater der Landstände in Glogau tätig.

Der Lyriker Gryphius veröffentlichte bereits 1637, im Alter von 21 Jahren, seine berühmten Lissaer Sonnete. Die 31 Sonette sind in einen geistlichen und einen weltlichen Teil angeordnet, wobei Gryphius als strenggläubiger Lutheraner mit den christlichen Sonetten beginnt. Im ersten Sonett An GOTT den Heiligen Geist bittet der junge Dichter - ähnlich dem Musenanruf antiker Epen - um Erleuchtung und Beistand für das Gelingen des poetischen Werkes. Eine besondere Bedeutung kommt in den Lissaer Sonneten wie im Gesamtwerk Gryphius' dem Vanitas-Motiv zu: Es spricht die Überzeugung von der Nichtigkeit der Welt und Vergeblichkeit allen menschlichen Strebens aus, der gegenüber allein der christliche Glaube Trost bereit halte. Einer der bekanntesten Texte ist das bereits in den Lissaer Sonneten enthaltene, später mehrfach überarbeitete Gedicht VANITAS; VANITATUM, ET OMNIA VANITAS. Es ist alles gantz eytel, dessen letzte Strophe lautet:

Ach! Was ist alles diß / was wir vor köstlich achten!
Alß schlechte Nichtigkeit? als hew / staub / asch vnnd wind?
Als eine Wiesenblum / die man nicht widerfind.
Noch will / was ewig ist / kein einig Mensch betrachten!
(S. 268)

Den Lissaer Sonneten folgen 1639 die Son- undt Feyrtags-Sonnete, sowie weitere Sammelausgaben, in denen auch Oden und Epigramme enthalten sind. Gryphius' Sonette beziehen ihre Wirkung aus seiner souveränen Beherrschung dieser strengen Gedichtform und des von Opitz geforderten Versmaßes des Alexandriners. Ihre Möglichkeiten einer antithetischen Gedankenführung verbindet Gryphius mit einer bildreichen, auf Verständlichkeit ausgerichteten Sprache. Gryphius' Gedichte haben ihre Wirkkraft nicht verloren: sein berühmtes Sonett Threnen des Vatterlandes, in dem er die Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges thematisiert ist - säkularisiert und aktualisiert - immer wieder als Anti-Kriegsgedicht gelesen worden.

Als Dramatiker begründet Gryphius das deutschsprachige Kunstdrama des Barock ('schlesisches Kunstdrama'). 1646/47 entsteht sein erstes Trauerspiel Leo Armenius, oder Fürsten-Mord, mit dem zentralen Thema des Märtyrer- und Tyrannenmordes, das sich durch all seine Trauerspiele zieht. Inhaltlich ist Leo Armenius, wie alle weiteren Herrscherdramen, von der Überzeugung geprägt, daß es nicht erlaubt sei, gegen einen tyrannischen Herrscher aufzubegehren, da sich die politischen und sozialen Gegensätze im Diesseits nicht lösen lassen. Leo Armenius weist alle wesentlichen Merkmale der Barocktragödien auf: das Stück besteht aus fünf "Abhandlungen" (Akten), die in "Eingänge" (Szenen) unterteilt sind. Es ist in Alexandrinern verfaßt, chorische "Reyen", die die Funktion des antiken Chors übernehmen, fassen das Geschehen - oft in Form von Allegorien - zusammen oder kommentieren es. Wie Leo Armenius sind auch die anderen Trauerspiele Gryphius' wie Catharina von Georgien. Oder bewehrete Beständigkeit (entstanden 1647-1650), Ermordete Majestät. Oder Carolus Stuardus (entstanden 1649/50) und Großmütiger Rechts-Gelehrter, oder sterbender Aemilius Paulus Papinianus (entstanden 1657-1659) heute kaum noch bühnentauglich.

Wirkungsgeschichtlich weniger bedeutend sind Gryphius' Komödien, wie das von der commedia dell'arte beeinflußte satirische "Scherzspiel" Horribilicribrifax. Teutsch. Wehlende Liebhaber (entstanden 1647-1650) und sein bekanntestes Lustspiel, das "Schimpff-Spiel" Absurda Comica. Oder Herr Peter Sequentz (1658), dessen Autorschaft jedoch nicht gesichert ist.

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Quelle

Wichtige Schriften

Sekundärliteratur