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* 06.06.1606, Rouen
† 01.10.1684, Paris

Corneille gilt als Begründer des klassischen Dramas in Frankreich und zählt neben Racine und Molière zu den kanonischen Theaterautoren des "siècle classique", des französischen 17. Jahrhunderts. Sein Aufstieg ist eng mit dem des absoluten Königtums und der Durchsetzung der "doctrine classique", einer stark reglementierenden Dichtungskonzeption in der französischen Klassik, verbunden.

Mit dieser Doktrin stand Corneille lange Zeit auf Kriegsfuß, bevor er sich ihr teilweise unterwarf und ihr schließlich zum Durchbruch verhalf. Zunächst hatte er eine Reihe sogenannter vorklassischer Stücke geschrieben hatte, die dem Genre der Tragikomödie zuzurechnen sind. Mit Le Cid (1636) erreichte diese Dramenform ihren Höhepunkt. Das Stück löste aber auch heftige Streitigkeiten aus: Die Académie française warf dem Autor vor, die drei Einheiten nicht zu respektieren und das Gebot der "bienséance", der Schicklichkeit, zu vernachlässigen. Inhaltlich war zu bemängeln, daß Corneille das individuelle Glücksverlangen noch über staatliche Anforderungen stellte. Was das höfische Publikum - und vor allem Richelieu - auf dem Theater sehen wollte, war jedoch der Sieg der aristokratischen Standesehre über die Liebe. In seinen späteren Stücken - wie in Horace (1640) - wurde denn auch "le devoir", die Pflicht, zum Zentralbegriff im Theater Corneilles. Der Kampf zwischen entfesselten Leidenschaften und der Verpflichtung gegenüber Vaterland und Glauben rückte in den Mittelpunkt. Wenn der Zuschauer, so läßt sich das Ziel dieser Dramatik formulieren, auf der Bühne das Unglück sieht, das die Leidenschaften hervorgerufen haben, wird er sie in sich selbst auszurotten wissen. Letztlich feiern diese Stücke den Sieg starker, heldenhafter Tugenden. Anders als wenig später bei Racine sind Corneilles Figuren heroische Willensmenschen, die den Anspruch auf autonomes, selbstbestimmtes Handeln verkörpern.

In Corneilles Schaffen vereinigen sich mit Tragödie, Komödie und ihren verschiedenen Ausprägungen mehrere Tendenzen des zeitgenössischen Theaters. Der Versuch, Idealismus und Pflichtgefühl auszutarieren, stellte auch für das Publikum häufig ein Kompromißangebot dar und begründete Corneilles klassischen Ruhm. 1647 wurde er in die Académie française aufgenommen.

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Wichtige Schriften

Sekundärliteratur