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Friedrich Schlegel

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* 10.03.1772, Hannover
† 12.01.1829, Dresden

Kritiker, Philosoph, Literaturtheoretiker und Erzähler

Friedrich Schlegel ist eine der widersprüchlichsten Figuren der deutschen Geistesgeschichte. Er wandelte sich vom Befürworter der Französischen Revolution (Jakobiner), der mit seinem Roman Lucinde (1799) auch die freiheitliche, gesellschaftsunabhängige Gestaltung von Liebe und Ehe propagierte, über den ironisch distanzierten Liberalen zum Konservativen, der nach seiner Konversion zum Katholizismus (1808) die restaurative Politik Metternichs unterstützte.

Von besonderem Interesse für die heutige Literaturwissenschaft sind seine Bemühungen auf dem Gebiet der Literaturgeschichtsschreibung (Über das Studium der griechischen Poesie, 1797; Geschichte der alten und neuen Literatur, Vorlesung 1812) und seine programmatischen Entwürfe einer neuen, fragmentarischen – heute als Romantik bekannten - Literatur, welche Natur und Kunst, Realität und Idealität zu vereinigen suchte.

Der von Schlegel geforderte fragmentarische Charakter der modernen Literatur ist auch seinem philosophischen Schaffen zueigen. Ausgehend von der Einsicht, daß die Neuzeit, in der alte Sinnkontinuitäten wie die unbeschränkte Gültigkeit von Religion und Ständewesen zerbrochen sind, daß eine immer unübersichtlicher werdende Epoche im Umbruch ist, glaubt er nicht mehr daran, daß der Philosoph ein zusammenhängendes, alles erklärendes und einschließendes System erschaffen kann. Die Welt ist zu komplex und unübersichtlich – um es modern auszudrücken -, als daß man sie systematisch erklären könnte. Das Fragment wird deshalb für Schlegel zum "System" seiner Wahl. Es symbolisiert die Unabschließbarkeit und Unendlichkeit der Welterkenntnis. Hier geht es dem philosophischen Fragment ähnlich wie dem Fragment als Prinzip des literarischen Werkes. Indem der romantische Roman nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern immer wieder neue Geschichten in die eine Geschichte einbindet, weist er auf die Unerzählbarkeit der Welt hin – kein Roman ist so lang, daß er alles erzählen könnte -, hier vermag das Fragment auf einer symbolischen Ebene die prinzipielle Unendlichkeit der Erzählung auszudrücken. Dadurch findet der romantische Roman zu einer Totalität zurück, die Georg Lukács als Idealziel des modernen Romans definiert hat.

©rein

Wichtige Schriften

Sekundärliteratur

  • E. Behler: Friedrich Schlegel, Reinbek bei Hamburg 1966.
  • H. Dierkes: Literaturgeschichte als Kritik – Untersuchungen [...] zu Friedrich Schlegel, Tübingen 1980.
  • J. Hörisch: Die fröhliche Wissenschaft der Poesie – Der Universalitätsanspruch von Dichtungen der frühromantischen Poetologie, Frankfurt/M.1976.