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frz. trivial, aus lat. trivialis: allbekannt, gewöhnlich, zu lat. trivium = Kreuzung dreier Wege, allg. zugängl. Platz

Trivialliteratur ist ein Sammelbegriff, der den Gegensatz zur sog. Hochliteratur bezeichnet. Er umfaßt so verschiedene literarische Gattungen und Gruppen wie Schundliteratur, Pornographie, Fortsetzungsromane, Groschenromane, einen Teil der Jugendliteratur, außerdem Gelegenheitslyrik und Volksdramen. Andere Definitionen nennen die Befolgung verlagsinterner normativer Gattungsregeln in meist anonymer Massenanfertigung als Hauptkriterium.

Vergleicht man z.B. den trivialen Roman aufgrund ästhetischer Kriterien mit der Hochliteratur, so kann man von ihm nur ein negatives Bild gewinnen. Literarische Phänomene wie Originalität, Innovation, metafiktionale und intertextuelle Reflexionen sind hier in der Regel nicht vorhanden. Trivialliteratur hat ihre eigene Geschichte: Im 18. Jahrhundert sind es Abenteuerromane, Ritter-, Räuber- und Schauerromane, also literaturgeschichtlich bereits bewährte Muster, die das von der damals entstehenden Kulturindustrie geweckte Massenbedürfnis nach fiktionaler Unterhaltung befriedigen. In dieser Zeit entsteht die Unterscheidung von hoher und niederer Literatur. Im 19. Jahrhundert sind es der exotische Abenteuerroman und der Feuilletonroman; im Serien-Heftroman des 20. Jahrhunderts werden prestigeträchtige Milieus (Adel, Ärzte, Reiche, Unterwelt) bevorzugt. Hier können die Leser, so die psychoanalytische Interpretation, ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse in den Wunschtraumwelten der oft idyllisch angelegten Heile-Welt-Romane stellvertretend ausleben.

Die ideologiekritische Interpretation stellt fest, daß mit der Lektüre der in den Trivialromanen enthaltenen 'Mythen des Alltags' (Roland Barthes) dem Leser Verhaltensweisen angeboten werden, die gerade jene realen Verhältnisse stabilisieren, welche die Leser in ihrer Lebenswelt vom dargestellten Glück ausschließen. Weil die leicht lesbaren Trivialromane auf unbefriedigte Leserbedürfnisse antworten, stel-len sie auch eine Fundgrube für kulturwissenschaftliche Studien dar.

Die Literatursoziologie fragt nach den für die Trivialliteratur spezifischen Phänomenen der Distribution und Rezeption als Teil des literarischen Lebens einer Zeit. Sie stellt dabei fest, daß letzthin alle Aspekte eines Textes und seiner Rezeption der Auf- oder Abwertung dienen können.

Obwohl der Begriff Trivialliteratur sich hartnäckig hält, sind die Übergänge zwischen Hoch-, Unterhaltungs- und Trivialliteratur mehr als fließend. Spätestens die postmoderne Epoche, voller Übergriffe in andere Bezirke, zeigt, daß Trivialliteratur ein relativ willkürlich verwendeter Begriff der Literaturkritik ist. Die im Trivialroman gepflegte sentimentale, gefühlsschwangere Welt wird bisweilen programmatisch von der postmodernen Literatur übernommen, um polemisch auf die Ausgrenzung dieser Aspekte aus der Hochliteratur zu verweisen.

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Sekundärliteratur

  • G. Lange (Hg.): Literaturdidaktik. Klassische Form, Trivialliteratur, Gebrauchstexte, Balt-mannsweiler 1998.
  • P. Nusser: Trivialliteratur, Stuttgart 1991.
  • W. Nutz: Trivialliteratur und Popularkultur. Vom Heftromanleser zum Fernsehzuschauer; Eine literatursoziologische Analyse unter Einschluß der Trivialliteratur der DDR, Opladen 1999.