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Rhythmus

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lat.: gleichmäßige, Bewegung, Takt, Zeitmaß

In der Verssprache werden rhythmische Eigenschaften der Sprache bewußt verdichtet eingesetzt, etwa durch ein gleichmässiges und/oder effektvoll unterbrochenes Metrum, durch rhythmische Einheiten erzeugende Reime oder durch rhetorische Figuren wie Anapher und Epipher, die auf der syntaktischen Ebene rhythmisch strukturierend wirken. Der Begriff des Rhythmus umfaßt also das Zusammenwirken verschiedener Phänomene. Während beispielsweise das Metrum das abstrakte und klar bestimmbare Ordnungsschema eines Verses ist, faßt man unter dem Versrhythmus das Verhältnis dieses abstrakten Schemas zu seiner konkreten sprachlichen Realisation. Der Rhythmus eines Gedichtes ist somit nicht in gleicher Weise eindeutig objektivierbar wie Metrum, Reim und rhetorische Figuren und gehört aus diesem Grund zu den umstrittensten Begriffen der Verstheorie.

Durch die Literaturwissenschaft zieht sich ein langer Streit über das Problem des Rhythmus in der Verssprache, angefangen von der Debatte über die etymologische Herleitung des Begriffs, über dessen Beziehung zum musikalischen Rhythmus, bis hin zu den Versuchen Wolfgang Kaysers, den Rhythmus klar vom Metrum zu trennen und verschiedene Rhythmustypen zu bestimmen.

In seiner Kleinen deutschen Versschule unterscheidet Kayser fünf rhythmische Typen: einen "metrischen Rhythmus", bei dem der Rhythmus sich ausschließlich nach dem Metrum richtet und daher als solcher gar nicht existiere, einen "fließenden Rhythmus" (beispielsweise in den liedartigen romantischen Gedichten Clemens Brentanos), einen ausgewogen klassischen, "bauenden Rhythmus" (wie etwa im Alterswerk Goethes), einen "gestauten Rhythmus" (bei Annette von Droste-Hülshoff) und einen "strömenden Rhythmus" (in den Hymnen Hölderlins).

Allerdings konnte sich diese Typisierung Kaysers nicht durchsetzen, wohl deshalb, weil der Rhythmus eines Gedichtes sich aus zu vielen Bestandteilen ergibt, so das jedes Gedicht einen ganz eigenen, nur schwer in allgemeine Typisierungen einpassbaren Rhythmus hat.

©TvH

Quelle

  • Wolfgang Kayser: Kleine deutsche Versschule, 10. Auflage, Bern 1964.

Sekundärliteratur

  • F. Lockemann: Der Rhythmus des deutschen Verses, München 1960.
  • U. Müller: Der Rhythmus, Bernu.a. 1966.