Eduard Mörike

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* 08.09.1804, Ludwigsburg
† 04.06.1875, Stuttgart

Dichter, Schriftsteller und schwäbischer Pfarrer

Eduard Mörike ist, wie schon vor ihm Hölderlin, Schelling oder Hegel, einer der berühmten Absolventen des Tübinger Stifts, die sich (letztlich) erfolgreich darum bemühten, der vorbestimmten Existenz als schwäbischer Landpfarrer zu entkommen. Mörikes literarisches Schaffen wird gemeinhin mit seiner Lyrik verbunden. Die Vertonungen durch Hugo Wolf im Jahre 1888 haben nicht unwesentlich zur Bekanntheit gerade der frühen Gedichte Mörikes beigetragen.

Die sich hier offenbarende Dichotomie zwischen beunruhigendem Traum und sicherer Realität, zwischen Lebensfreude und tiefer Melancholie ist bestimmend auch für die berühmten Peregrina-Gedichte, die Bedrohung und Verirrung der Liebe als "Irrsal", Wahnsinn und Schmerz thematisieren. Zunächst veröffentlicht als lyrische Einlagen in Maler Nolten, der 1832 als Novelle in zwei Theilen erscheint, tragen sie zum romantischen Konzept des Romans bei, verschiedene Gattungen in sich zu vereinigen. Der Roman beschreibt, phantastisch und kleinteilig fabulierend, die psychologisch motivierte Problematik einer Künstlerexistenz in bürgerlichem Rahmen. Die fragilen Schwebezustände zwischen Phantasie und Realität, die auch Mörikes Märchen-Novellen bestimmen, verankern das literarische Werk Mörikes in der breiten Spannweite zwischen Romantik und literarischem Realismus.

Der Versuch, das teils schwer zugängliche Werk Mörikes in einen literaturgeschichtlich ordnenden Rahmen zu bringen, muss jedoch scheitern. Ein Vergleich des unbestritten wichtigsten Werkes, der Novelle Mozart auf der Reise nach Prag (1855) mit Maler Nolten vermag die Widersprüchlichkeit und Uneinheitlichkeit des poetologischen Programms Mörikes zu verdeutlichen. Seine Neuschreibung des 'Mythos Mozart' kann als exemplarischer Beitrag zur Phänomenologie des Subjekts gelten. Der Gespaltenheit des neuzeitlichen Subjekts in melancholisch-depressiven Selbstzerfall und phantasievolle Selbstkonstituierung begegnet Mörike dadurch, dass er Subjektivität durch den authentischen, aus sinnlicher Erfahrung erwachsenen Schöpfungsakt legitimiert. Diese Begründung des Subjekts aus dem Schöpferischen, die als rückwärts gewandte Utopie im Kontext des Biedermeier steht, offenbart den schroffen Gegensatz zur Aussage des Maler Nolten. Dessen Grunderfahrung von Identität als trügerischer, zwielichtiger Inszenierung stellt der Mozart-Novelle und ihrer biedermeierlichen Melancholie eine Poetologie der Moderne entgegen.

©MB

Wichtige Schriften

Sekundärliteratur