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Gorgias von Leontinoi

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* etwa 480 v. Chr.
† etwa 380 v. Chr.

Philosoph

Der Philosoph Gorgias gehört zu den griechischen Sophisten, er gilt als Begründer der rhetorischen Stilistik. In erkenntnistheoretischer Hinsicht vertritt er einen radikalen Skeptizismus. Wer davon ausgeht, daß nichts Gültiges existiert, und daß dieses, selbst wenn es existieren würde, nicht zu erkennen wäre, und selbst wenn es erkannt würde, nicht mitteilbar wäre, für den kann es keine objektive Erkenntnis, keine Wahrheit und kein Recht geben. Menschen, Politiker, Staatenlenker setzen sich nicht durch, weil sie Recht haben, denn dieses objektive Im-Recht-Sein gibt es ja nicht, sondern weil sie sich mittels ihrer Reden Recht verschaffen. Das bedeutet, daß der Einsatz der Rhetorik von allen moralischen Beschränkungen vollkommen frei ist. Diese Ansicht ist grundlegend für die Sophistik; sie drängte sich den Philosophen dieser Schule förmlich auf, weil sie von Stadtstaat zu Stadtstaat zogen, um ihre rhetorischen Fähigkeiten zu 'verkaufen'. Sie erlebten auf ihren Reisen, daß die Regeln des Zusammenlebens überall andere waren. Deswegen gebe es keine allgemeine, ewig geltende Moral, schlußfolgerten sie. Und wenn es sie gäbe, könnte man sie – siehe oben – nicht erkennen. Die Aufgabe der Rhetorik ist folglich die 'Kunst der Überredung'. Der Mensch muß zur Akzeptanz bestimmter Annahmen überredet werden.

Gorgias beachtet nun vor allem die sinnliche Seite der Sprache, die Wirkung von Rhythmus und Klang, die in den Dienst der Überredung gestellt wird. Die einzige Grenze für die Anwendung rhetorischer Mittel ist das Gewaltverbot; Täuschung und Betörung sind erlaubt, um dem stärkeren Rhetoriker zu seinem (politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen) Sieg zu verhelfen.

Die Sophisten sind vor allem dadurch berühmt geworden, daß Platon in direkter Abgrenzung von ihnen seine philosophischen Auffassungen entwickelt hat.

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Sekundärliteratur

  • O. A. Baumhauer: Die sophistische Rhetorik, Stuttgart 1986.
  • M. Fuhrmann: Die antike Rhetorik, München u.a. 1990.