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Hörspiel

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Das Hörspiel ist eine Kunstgattung, die durch die Erfindung des Rundfunks entstand und sich ganz allgemein zwischen Literatur und Musik verorten lässt. Als rein akustische Kunstform versucht das Hörspiel mit Stimmen, Geräuschen, Musik, radiophonen Effekten und Raumklang inneres und äußeres Geschehen darzustellen. Raum und Kulisse, Handlungen, Gedanken und Emotionen müssen im Hörspiel allein durch akustische Prozesse zum Ausdruck kommen; damit tritt an die Stelle des optisch Wahrnehmbaren die Imagination. In Differenz zum Feature sind es vornehmlich fiktionale Geschichten, die im Hörspiel im Vordergrund stehen, dabei oftmals aber einen direkten historischen Bezug erkennen lassen. Durch die Organisation des Rundfunks umfassen die Hörspiele i.d.R. einen Zeitraum von knapp einer Stunde, Kurzhörspiele und mehrteilige Produktionen werden weitaus seltener produziert.

Bereits die ersten Hörspiele Mitte der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts verweisen auf zwei Formvarianten: Einerseits das traditionelle und bis heute dominierende, sich am Drama und der erzählenden Literatur orientierende Hörspiel, das versucht eine spannende und gleichsam 'unterhaltsame' Geschichte mit Hilfe unterschiedlicher akustischer Gestaltungsmittel zu erzählen. Diese Hörspiele sind häufig von Literaten verfasst, die auch im allgemeinen Literaturgeschehen von Bedeutung sind. So war etwa Alfred Andersch über Jahre hinweg in verschiedenen Redaktionen unterschiedlicher Rundfunkhäuser tätig und produktiv als Hörspielautor, was seinen Ruf ebenso begründete wie seine Tätigkeit als Schriftsteller. - Und andererseits gibt es das experimentell ausgerichtete, sich an neue Kunstformen annähernde Hörspiel, das sich mit Avantgardekunst auseinandersetzt und Verbindungen zu experimentellen Formen in Film, Musik, Sprach- und Bildender-Kunst herstellt und nutzt. Dementsprechend sind die Produzenten des experimentellen Hörspiels oftmals Musiker, Komponisten oder auch Filmemacher: Zu nennen sind z.B. Autoren wie Walter Ruttmann (Weekend, 1930), Franz Mon (das gras wies wächst, 1969), John Cage (Roaratorio, 1979) oder Andreas Ammer/F.M. Einheit (Crashing Aeroplanes, 2001).

Beim Hörspiel sind entsprechende Entwicklungen wie in der Literaturgeschichte zu erkennen, was sich möglicherweise dadurch begründet, dass ein Großteil der Hörspielautoren in erster Linie Schriftsteller sind - im Bereich aller drei Literaturgattungen -, die damit auch gleichermaßen das Hörspielgeschehen beeinflussen. Alfred Döblin, Bertolt Brecht und Friedrich Wolf gehören zu den frühen Jahren, Günter Eich, Heinrich Böll, Ingeborg Bachmann sind wichtig für das Hörspiel der Nachkriegszeit, Tim Staffel, John von Düffel und Raoul Schrott für die Gegenwart.

In der bisher unerwähnt gebliebenen Zeit des Nationalsozialismus nimmt das Hörspiel eine Sonderstellung ein. Der politisch und ideologisch gleichgeschaltete Rundfunk produzierte weitaus weniger Hörspiele als das in der Weimarer Republik der Fall war, da nach Maßgabe des Propagandaministeriums Hörspiele nicht als geeignete Kunstform angesehen wurde, um die Massen zu bewegen. Dennoch wurden sie vereinzelt in Auftrag gegeben, wie dies an Günter Eichs Rebellion in der Goldstadt von 1940 zu erkennen ist.

Höchste Auszeichnung für eine Hörspielproduktion im deutschsprachigen Raum ist der Hörspielpreis der Kriegsblinden, der seit 1950 alljährlich ein im vorherigen Jahr erstmals ausgestrahltes Hörspiel auszeichnet.

© HKö

Sekundärliteratur

  • Döhl, Reinhard: Das Hörspiel zur NS-Zeit. Darmstadt 1992.
  • Schöning, Klaus: Neues Hörspiel. Essays, Analysen, Gespräche. Frankfurt/M 1970.
  • Würffel, Stephan Bodo: Das deutsche Hörspiel. Stuttgart 1978.